PRESSEMITTEILUNG
Bundesregierung ignoriert Vorsorgemedizin
Die Bundesregierung verschleppt seit Jahren den dringend erforderlichen Richtungswechsel in der Gesundheitspolitik hin zu mehr und besserer Prävention in der Arbeitswelt. Das jüngste Negativbeispiel ist die Verordnung zur Änderung der arbeitsmedizinischen Vorsorge, die vor Kurzem vom Bundestag beschlossen wurde. Eine Verabschiedung durch den Bundesrat steht im Juni dieses Jahres an.
Die Verordnung höhlt den Inhalt der Vorsorgeuntersuchung aus und bagatellisiert sie bis zur Unkenntnis. So sollen etwa grundlegende und seit langem bewährte Begriffe der betriebsärztlichen Untersuchung wie „Gesundheitliche Eignung“ oder „Vorsorgeuntersuchung“ entfallen und durch nichtssagende und teilweise irreführende Bezeichnungen ersetzt werden. Das ohnehin längst reformbedürftige Arbeitssicherheitsgesetz wird durch diese Vorstöße weiter geschwächt.
Im Ergebnis führt die Verordnung zu gravierenden Einschnitten bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge selbst. Sie ist zudem administrativ kompliziert und sorgt damit für Verunsicherung bei Arbeitgebern, Arbeitnehmern und bei der Ärzteschaft. Die Ignoranz des Gesetzgebers gegenüber der Präventivmedizin hat Tradition. Trotz gegenteiliger Ankündigungen ist in den vergangenen Jahren auf diesem Gebiet nichts passiert. Dr. Edmund Beltz nennt die Gründe beim Namen: „Die Präventivmedizin ist mit den geringsten Kosten verbunden, denn sie trägt dazu bei, dass langwierige und teure Behandlungen erst gar nicht nötig werden. Leider ist das auch der Grund, wes- halb die Prävention in Deutschland vernachlässigt wird, sie ist wirtschaftlich weniger attraktiv und hat deshalb keine Lobby – weder bei der Ärzteschaft, noch in der Medizin- und Pharmaindustrie.“ Der Präventivmediziner warnt davor, die Gesundheitsvorsorge am Arbeitsplatz zu vernachlässigen oder durch unprofessionelle Untersuchungsmethoden zu verwässern. „Uns sind zum Teil schlimme Arbeitsunfälle bekannt geworden, die durch eine gründliche medizinische Voruntersuchung hätten vermieden werden können. Wie kann es sein, dass ein Gabelstaplerfahrer im Hochlager mit stark eingeschränkter Sehkraft auf einem Auge unterwegs ist?“
Dr. Edmund Beltz fordert das Arbeitssicherheitsgesetz, das in der vorliegenden Form völlig ineffizient ist, durch ein echtes Präventionsgesetz zu ersetzen. Ein solches Präventionsgesetz sollte sicher stellen, dass die fachärztliche Leistung und Qualität in der Praxis gesetzlich gewährleistet ist. Dazu ist die Einbindung der Ärztekammern drin- gend erforderlich. Sowohl die Berufsgenossenschaft, als auch das Gewerbeaufsichtsamt sind hierbei offensichtlich völlig überfordert. Ein Zusammenwirken der Ärzte und Sicherheitsingenieure muss dabei auf ein notwendiges Mindestmaß reduziert werden. Hierbei hat bei gesundheitlichen Belangen grundsätzlich das entscheidende, letzte Wort der Arzt.
Die Präventivmedizin ist wissenschaftlich erwiesen die preiswerteste Möglichkeit Krankheiten zu vermeiden, da sie die Vorboten einer Erkrankung erkennt und sich des noch Gesunden annimmt. Ein Ausbau der präventivmedizinischen Untersuchungen ist daher in einer Zeit, in der berufsbedingte Beschwerden und Erkrankungen dramatisch zunehmen und in der deutschen Wirtschaft Milliardenverluste verursachen, geradezu zwingend erforderlich.
Dr. med. Edmund Beltz
Fachärztliche Leitung
Lehrbeautragter für Arbeitsmedizin der Universität Ulm